boobiebrettler

„Bissl einschüchternd, aber wenn man drin ist...“
„...kommt man nimma raus.“
Wer sind die Boobie Brettler und wie sind sie entstanden?
Dora:
Also entstanden ist es mit uns Dreien, weil wir immer zusammen skaten gegangen sind. Es gibt sehr viele FLINTA*-Personen in Innsbruck, die skaten, aber sie sind sehr verteilt. Wir dachten uns, es wäre cool, eine Gruppe zu gründen, um sich zu vernetzen. Wir wollen gemeinsam ein Umfeld schaffen, wo sich FLINTA* wohl fühlen.
Anna:
Dann wollten wir auch mit dem Geld, das wir jetzt einnehmen, feministische Projekte oder Einrichtungen unterstützen, also ohne Gewinn zu machen, die Community stärken.
Wodurch nehmt ihr Geld ein? Mit den Shirts?
Anna:
Genau. Durch die Shirts und durch das Wachs, das wir jetzt auch selbst machen und durch Veranstaltungen, die wir planen.Wir konnten vor zwei Wochen zum ersten Mal eine größere Summe spenden.
Locke skatet in den Straßen von Innsbruck
Foto:
Anna
Locke in den Straßen von Innsbruck
Anna skatet in Basel
Foto:
Locke
Anna in Basel
Foto:
Locke
Dora in Basel
Und wie lange gibt’s euch schon?
Anna:
So offiziell seit Jänner 2021 und den Verein haben wir vor einem halben Jahr ungefähr gegründet.
Wie habt ihr euch alle kennen gelernt?
(alle Lachen)
Dora:
Soll ich das kurz erzählen? Anna und ich haben ja gemeinsam studiert und nachdem wir zusammen bei einer Veranstaltung waren, sind wir durch die Stadt spaziert und Anna hat gesagt: „Komm her, ich zeig dir den Flüsterbogen!“ Wir sind zum Flüsterbogen gegangen und ich hab mich da hinstellen müssen, um zu lauschen. Beim Flüsterbogen kann man sich gegenseitig aus der Distanz etwas zuflüstern. Aber statt zu flüstern, ist Anna ein Rülpsen raus gerutscht.
Anna:
Das war das Bonding.
Dora:
Und durch das Skaten haben wir dann sehr viel Zeit miteinander verbracht. Mit Locke bin ich dann zusammengezogen und wegen dem Skaten waren wir dann auch immer zu dritt unterwegs.
Anna:
Ja, also ich hab Locke durch Dora kennen gelernt.
Locke:
Wir hatten ja dann den Lockdown und dann sind wir echt jeden Tag skaten gegangen, in jede Tiefgarage. Echt jeden Tag, das war sehr nice!
Was denken die anderen, was wir da eigentlich wollen. Wollen wir das machen, um uns zu präsentieren?“
Was ist allgemein euer Eindruck von der Skateszene in Innsbruck?
Locke:
Es gibt eine riesige Skateszene. Am Anfang, als ich angefangen habe, und ich am Landhausplatz war, da war ich wirklich eingeschüchtert. Ich hab mich gezwungen, oft hinzugehen. Als dann die anderen zwei angefangen haben zu skaten, wurde es dann richtig schön, weil wir uns gegenseitig supporten und helfen. Eigentlich finde ich die Szene in Innsbruck extrem toll, aber das Reinkommen fand ich ein bisschen schwer.
Anna:
Bissl einschüchternd, aber wenn man drin ist...
Dora:
...kommt man nimma raus.
Anna:
Und das Ding ist, was auch mich am Anfang so eingeschüchtert hat, war einfach das Level in Innsbruck. Und es war für uns am Anfang auch ein bisschen schwierig, als wir das mit Boobie Brettler gegründet haben. Was denken die anderen, was wir da eigentlich wollen. Wollen wir das machen, um uns zu präsentieren? Aber es hat sich zum Glück in die Richtung entwickelt, dass es genau das nicht wird, sondern dass man einfach eine schöne Community hat und dass es nicht darum geht, wie gut oder schlecht jemand ist.
Es gibt halt auch so viele FLINTA*-Personen, die skaten und den Anschluss suchen: Wo kann man gemeinsam skaten? Und das macht ihr jetzt in Innsbruck. Das ist schon sehr wichtig.
Anna:
Manchmal werden wir darauf auch angesprochen, dann sagen Leute zu uns: „He, das ist richtig cool, was ihr macht und das braucht es auch in Innsbruck!“ Es ist schon spannend zu sehen, was es inzwischen für Wellen schlägt.
Dora:
Was ich auch noch dazu sagen muss, als ich angefangen habe, bei einer meiner ersten Drop-Ins. Da war auch eine Skaterin dabei, die ist over-the-Space gut und sie war da und hat mich auch voll supportet damals. Es gibt schon einen großen Support hier untereinander. Das ist sehr schön.
Wachs
Boobiebrettler-Wachs
„Jeder hat Brüste, ist doch jetzt scheißegal, aber wir wollen nicht deshalb sexualisiert werden.“
Habt ihr auch schon Negatives erlebt, wie zum Beispiel Mansplaining?
Dora:
Ich hab immer wieder mal so Erfahrungen gemacht. Aber früher war mir das noch nicht so bewusst und da hab ich mir dann gedacht, jetzt muss ich das auch machen, was der sagt. Erst später war ich confident genug, um mir zu denken: ich skate ja für mich, also warum muss ich da jetzt zuhören, anstatt zu sagen: he, nein, ich mach jetzt mein Ding. Das wird dann eigentlich auch so angenommen. Aber es ist trotzdem ein Phänomen in der Szene. Aber ich muss sagen, mittlerweile gibt es auch ein bisschen mehr Awareness und sowas kommt jetzt nicht mehr so oft vor.
Anna:
Ich hab das Gefühl, dass ich viel mit Freund*innen unterwegs war, von denen ich gerne Tipps angenommen habe. Deswegen ist mir das nicht so aufgefallen.
Locke:
Bei mir war es eigentlich nicht so arg. Es gibt schon manchmal Leute, die einem erklären wollen, wie es geht, aber mir ist das meistens ziemlich wursch. Ich sag dann, ja, danke, und fahr weiter.
FLINTA* Skate -ession
Foto:
Mimi Neitsch
FLINTA* Skate-Session im SANE Plaza Rum
Wie seid ihr eigentlich auf den Namen „Boobie Brettler“ gekommen?
Dora:
Wir wollten halt irgendwie auch anecken ein bisschen. Boobie eben weil wir weiblich gelesene Personen sind und uns auf die Sexualisierung von Brüsten beziehen wollten. Jeder hat Brüste, ist doch jetzt scheißegal, aber wir wollen nicht deshalb sexualisiert werden. Im Kontrast dazu, dass Boobies ja oft als weiblich gelesen werden, haben wir das nicht gegenderte Wort „Brettler“ hinzugefügt.
Habt ihr sonst noch andere Projekte geplant, abgesehen von denen, die ihr gerade schon erwähnt habt?
Anna:
Ja, wir haben auf jeden Fall im Juni geplant mit dem Girlsrule Project aus München gemeinsam eine Veranstaltung in Innsbruck zu machen. Sie kommen nach Innsbruck über das verlängerte Wochenende und wir machen gemeinsam Workshops und Projekte in Kooperation mit dem Landesmuseum. Dann haben wir auch vor im Juli endlich unser Sommerfest zu machen, wo wir auch Workshops anbieten. Da machen wir auch was mit befreundeten Künstler*innen in Innsbruck. Essen, skaten, Musik. Das wäre unser Plan. Und dann natürlich regelmäßige FLINTA*-Skate-Sessions. Die wollen wir wieder einmal im Monat fix veranstalten.
Dora:
Wir sind alle drei bei „SKAID“. Das ist ein Verein für Jugendliche und Erwachsene mit Fluchterfahrung, vor allem wird hier mit Jugendlichen gearbeitet, die nicht den gleichen Zugang zu sozialen Ressourcen haben, wie andere Jugendliche. Da gibt’s extra FLINTA*- Workshops, die hauptsächlich wir machen. Unser Plan wäre, dass es Open Sessions gibt, wo die jüngere Community gestärkt wird.
Anna:
Es ist leider jetzt im Moment sehr schwierig, weil Locke ja gerade in Schweden ist, das heißt, dass wir das alles gerade zu zweit machen.
Dora:
Es ist sofort aufgefallen, dass Locke nicht mehr da war, weil sie immer so viel gemacht hat.
Anna:
Auch zum Beispiel nur Shirts verschicken, wenn uns mal jemand anschreibt. Das braucht alles Zeit und Locke hat das einfach gemacht, weil sie so viel Zeit hatte neben dem Studium. Fotos und Videos hat sie auch immer gemacht. Es funktioniert eh so auch. Wir haben eine Freundin, die uns ab jetzt einiges an grafischen Arbeiten abnimmt. Unsere Ressourcen, unser Wissen und Können sind halt begrenzt. Wir versuchen gerade ein bisschen ein Konzept reinzubekommen. Mal sehen, wann Locke wieder da ist und wo wir beide dann auch sein werden, Dora und ich werden ja wahrscheinlich im Herbst nach Wien gehen. Wir müssen erst schauen, wie das alles dann hier weiterläuft.
„Du skatest aber gut, dafür dass du ein Mädchen bist.“ - Ich will, dass dieser Satz für immer und ewig aus unserem Gedächtnis gestrichen wird!
Locke und Anna mit Boobiebrettler-Shirts
Habt ihr vor, Boobie Brettler in Wien zu machen?
Dora:
Ne.
Anna:
Ich glaub, das ist schon eher so ein Innsbruck-Ding.
Dora:
Es kommen ja auch voll viele nach.
Anna:
Wir versuchen schon zukünftige Mitglieder*innen zu rekrutieren. Ich versuche meine Schwester ein bisschen zu überzeugen, Sachen zu übernehmen. Aber wir haben auch noch nicht so viel darüber nachgedacht, wo es mal hingeht.
Dora:
Ich finde den Gedanken schön, wenn das einfach mal so eine Idee ist, die weiter bestehen könnte, auch wenn es einen Wechsel der Mitglieder*innen gibt.
Anna:
Genau, wir müssen jetzt nicht immer in Innsbruck sein, da läuft schon einiges von selbst. Wenn wir in Wien sind, dann machen wir das von Wien aus, aber es ist nicht so sehr von uns abhängig, was passiert.
Wir haben das Gefühl, dass euch feministische Themen wichtig sind und ihr diese auch in eure Arbeit bei Boobie Brettler miteinbringt.
Dora:
Wir versuchen ja schon, einen saferen Space für FLINTA*-Personen zu schaffen und ich denke, da liegt es auch nahe, dass wir uns nicht nur in der Skateszene, sonderen auch darüber hinaus solidarisieren. Indem wir zum Beispiel den Erlös der T-Shirts spenden. Wir denken, dass Empowerment viel weiter geht, als nur gemeinsam zu skaten. Wir denken darüber nach, wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Ich finde schon, dass das politische und feministische Arbeit ist.
Anna:
Natürlich sind wir bis zu einem gewissen Punkt politisch, aber wir diskutieren auch oft darüber und haben auch sehr unterschiedliche Ansichten darüber, was geht und was nicht geht.
FLINTA* Skate-Session
Foto:
Mimi Neitsch
FLINTA* Skate-Session im SANE Plaza Rum
Ihr betreibt ja sehr viel Netzwerkarbeit, zumindest scheint es euer Ziel zu sein, die Szene zusammen zu bringen.
Anna:
Das passiert irgendwie automatisch. Wir sind im Kiosk* und kriegen dort sehr viel mit, dann arbeiten wir mit den jeweiligen Einrichtungen zusammen, für die wir etwas spenden. Mit „SKAID“ betreiben wir auch sehr viel Netzwerkarbeit, dann wieder mit Künstler*innen, die auch ähnliche Ideen haben, wie wir und zufällig auch skaten. Wir betreiben nicht gezielt Netzwerkarbeit, es passiert einfach recht schnell, vor allem auch in Innsbruck, wegen der Größe der Stadt.
Dora:
Anna und Locke sind sehr gut in der Community-Arbeit.
Locke:
Ey, Dora, du genauso!
Anna und Dora im SANE Plaza Rum
Fotos:
Adrien Summerer
Anna und Dora im SANE Plaza Rum
Habt ihr sonst noch irgendwelche Wünsche an die Skateszene?
Dora:
Ja, schon. Abgesehen davon, dass es schon immer besser wird, ist die Szene immer noch ein geschlossener Raum. Ich wünsche mir, dass sie ein bisschen offener wird, vor allem in der Hinsicht, dass sie nicht nur hetero-normativ geprägt sein soll. Eine sehr gute Rückmeldung, die wir einmal bekommen haben, betrifft die gute Stimmung, die wir bei einer Skatesession erzeugt haben. Es gab nicht nur für die FLINTA*-Personen, die mit uns unterwegs waren, eine gute Stimmung, sondern auch für alle anderen am Skatepark. Es ist ein Gemeinschaftsgefühl entstanden. In diesem Sinne wünsche ich mir mehr Gemeinschaftsgefühl und gegenseitige Akzeptanz.
Anna:
Ich erleb es ganz oft, dass FLINTA*-Personen sich bei uns melden, um zu fragen, ob sie mit dabei sein dürfen. Ich wünsche mir, dass diese Hürde fällt. Es wäre cool, wenn alle einfach wüssten, dass sie dabei sein können, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten.
Dora:
Manchmal hab ich das Gefühl, wir stehen noch am Anfang. Viele Dinge müssen erst zur Selbstverständlichkeit werden.
Locke:
Ich würde gerne diese Angst überspringen, wenn du denkst, nicht gut genug zu sein, um dabei zu sein. Ich würde das gerne noch intensiver kommunizieren, dass es echt nur darum geht, zusammen Spaß zu haben, als Gruppe einfach skaten zu gehen, zu plaudern und eine schöne Zeit zu haben und wenn du keinen Bock hast, zu skaten, kannst du auch nur zum Plaudern vorbeikommen. Ich wünsche mir auch, dass niemand mehr sagt: „Du skatest aber gut, dafür dass du ein Mädchen bist.“ Ich will, dass dieser Satz für immer und ewig aus unserem Gedächtnis gestrichen wird!
Anna, Locke und Dora in einer Tiefgarage in Innsbruck
Foto:
Nils Roling
Anna, Locke und Dora in einer Tiefgarage in Innsbruck
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